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Goyas Psyche
In: Kunst um 1800 und die Folgen. München 1988, S.47-59
(Werner Hofmann zu Ehren)
Das Jubiläum für Werner Hofmann (* 1928) lädt ein, Francisco
Goyas ( 1828) zu gedenken. 1980 bildete die Goya-Ausstellung der
Hamburger Kunsthalle den Höhepunkt der epochalen Serie Kunst
um 1800. Der Titel der Einführung Hofmanns Goya und die
Kunst um 1800 war als Hommage an Theodor Hetzers Vortrag Francisco
Goya und die Krise der Kunst um 1800 (1)
gedacht. Für Hetzer war Goya der einzige Maler jener Zeit,
der ein wirkliches Genie war. (2)
Hofmann hielt fast ein halbes Jahrhundert später die Feststellung,
daß der große Spanier in jeder Hinsicht ein europäisches
Ereignis war, (3) nicht für
einen Gemeinplatz, denn dieses Merkmal ist Goya bisher selten
oder zögernd zuerkannt worden. (4)
Zugleich sprach er die Hoffnung aus, daß dieser erste Entwurf
... weitergedacht werden sollte. Dann werden wir eines Tages erkennen,
was wir jetzt nur behaupten und andeuten, daß das europäische
Ereignis Goya auch eine schöpferische Kategorie per se war
- größer und widersprüchlicher als alle seine Zeitgenossen.
(5)
Ob viel weiter gedacht worden ist, vermag ich kaum zu beurteilen. Hofmanns
Verweis auf Kleist (6) ist anregend, weil
jüngst die Entdeckung des ästhetischen Subjekts
mit seinem Namen verbunden wurde und dieses revolutionäre Ereignis
verblüffend genau in die Jahre nach 1800 datiert werden konnte.
(7)
In dieser Zeit ist ein Bild Goyas entstanden, das nicht nur von Hofmann
abgelehnt worden ist. Die Bewunderung für den zu Ehrenden war das
treibende Moment für die folgenden Gedanken, die in diesem Punkt
Goya vor Hofmann in Schutz zu nehmen und die Neugier zu befriedigen
suchen, wie ein Jahrhundert-Genie gescheitert sein soll.
Seele um 1800
Um 1800 wendet sich die Liebe der Seele zu. Im Bildsinn von Goyas
Amor und Psyche (ca. 1803-05) erfüllt sich zugleich das Interesse
dieser Zeit am Thema. Die Sprache hat es in diesem Fall leichter
- Liebe und Seele sind nur zwei Wörter -. wogegen die bildende
Kunst sich allegorischer oder mythologischer Mittel bedienen mußte,
wenn das Thema drängender wurde. Gerade die Leichtigkeit beständiger
Seele-Beschwörungen in den Briefen um 1800 provoziert den Kunsthistoriker
zur Reflexion einschlägiger Bildbeispiele, deren nur verblüffend
wenige ins Gedächtnis zu rufen sind.
Revolutionär war allerdings weniger eine Seelen-Inflation, wofür
Karl Pliilipp Moritz' Magazin zur Erfahrungsseelenkunde (1783-1793)
paradigmatisch erwähnt werden kann, (8)
als die Vereinzelung des Ichs und ein Diskontinuitäts-Bewußtsein.
Bohrer sieht den Bruch in einem Ausspielen des Schönen
gegen das Wahre bei Kleist, (9)
Kunst trete an die Stelle von Wissenschaft. Oder analog: Karoline von
Günderrodes ganze Seele (ist ... identisch geworden
mit ihrer künstlerisehen Phantasie. (10)
In der Absage an eine ideale Teleologie treffen sich die beiden mit
Clemens Bretitano, der gegen Wissenschaft die Liebe ausspielt.
Es gibt für Brentano nur ein inneres Futur, eine erotische
Eschatologie ... " (11)
Kleists sozial abgekoppelte, innere Teleologie führte zu hymnischer
Verklärung des Todes, er schreibt vom Triumphgesang, den
meine Seele in diesem Augenblick des Todes anstimmt. (12)
Wenn die Seele dann zu sich selbst käme, schwärmt er ein anderes
Mal, dienten ihr lange Flügel an den Schultern, (13)
um sich zu erheben, wobei die Psyche-Schmetterling-Symbolik anklingt.
Der Gedanke, daß er sich selbst als Sterbenden in Gestalt
einer [geflügelten zudem] Seele dachte, ist nicht abzuweisen
(14) und war das ästhetisch-spiritualistische
Motiv für seinen Selbstmord.
Für alle drei stehen Liebe-Seele-Tod, ästhetisches Erleben
anstelle idealen Bildungsgutes, Einsamkeit anstatt Dialog, Angst und
Empfindung der Leere in engem Kontext. Bohrers Entdeckung betriftt die
Wandlung des Ich-Bewußtseins, es habe (bei Kleist) der Wechsel
vom theoretischen Ich zum sinnlich-künstlerischen Ich stattgefunden
... : Ersteres existiert in geistig-moralischen Bestimmungsmerkmalen
des autobiographischen Modus, letzteres existiert nur in der Leere
imaginativer Zustände ... (15)
Nicht bestimmte Ideen oder Verhältnisse konstituieren ein Selbstverständnis,
eine Psyche, die wir erahnen könnten, sondern die künstlerische
Poesie. Bei Brentano ist der ästhetische Status der Rede
und nicht die soziale Kommunikation das Mittel zur Ich-Bildung,
(16) seine hinter wechselnden Massken
verhüllte Identität ist punktuell, daher nicht sinnvoll als
soziales Verhalten rekonstruierbar oder auf eine Autobiographie
... zurückzulesen. (17)
Für Goya gilt Ähnliches. Vergeblich hat man sein politisches,
religiöses und soziales Verhalten aus seiner Bildwelt abzuleiten
versucht. Auch wenn Held überzeugend Goyas Stärken und Schwächen
in den verschiedenen Lebensabschnitten zeichnet, stellt sie am Schluß
doch fest, daß die totale Freisetzung der künstlerischen
Subjektivität zugleich Unfähigkeit zu handeln, Negation der
Arbeit wird, eine Trennung von der Realität wie der Wahnsinn.
(18)
Seine Kunst bringt uns den Menschen Goya nicht näher. Konstant
ist seine Unberechenbarkeit, die Gallégo mit der Metapher des
unerwarteten Gastes charakterisiert. Dieser mache seine Originalität
aus, d.h. jene Person, die sich in eine Szene einschleicht, ohne daß
es durch die Handlung gerechtfertigt würde, noch daß es die
Komposition erfordern oder nahelegen würde. (19)
Damit wird die Eigenschaft eines diskontinuierliclien ästhetischen
Verhaltens (der Dichter) und der Mangel kunsthistorischer Vergleichbarkeit
angesprochen. Die Suche nach Pathosformeln und Bedeutungsinversion
wird diesem Tatbestand gerecht. Wenn es auch erlaubt ist, die
fehlende Anpassung an die Regeln des gesunden Menschenverstandes und
des guten Geschmacks (20) mit Goyas
Temperament in Verbindung zu bringen, so wird doch wie bei den erwähnten
Dichtern aus der mangelnden Erkenntnismöglichkeit ein Charakterbild
gezimmert: In seiner Person sind viele andere verborgen, so geschlossen
und doch verschieden zugleich wie die Personengruppen in seinen Werken.
Goya ist der unerwartete Gast und wird es immer sein.
(21)
Wenn das Unerwartete zum Wesen seiner Kunst gehört, dürfen
wir dann einem Bild das Gastrecht verwehren in dem gerade
Liebe und Seele dargestellt sind?
Kritik
Das Werk
hat entweder keine Neugier geweckt oder harsche Ablehnung erfahren.
Dafür mag es methodische Gründe geben, nämlich das Verhältnis
von (wissenschaftlicher) Genauigkeit und Seele. Daß Goya sich
in Amor und Psyche (Abb. links) zum zweiten Mal (nach Herkules
und Omphale, 1784) für ein traditionell-mythologisches
Thema interessierte, hat fast peinlich berührt, so daß man
nicht lange nach seiner Lösung suchte - wenn man das Werk überhaupt
(selten genug) zur Kenntnis nahm. (22)
Ein Künstler, der sich seine Ikonographie durch immer neue Verwandlungen
alter Pathosformeln selbst schuf, konnte in der Darstellung
eines derartigen Sujets nur den mehr- oder weniger unverzeihlichen Fehler
der Anpassung begangen haben. Besonders mit diesem Bild nähert
sich Goya dem napoleonischen Empirestil, der auch am Madrider Hof gefallen
mußte, seit dieser sich nur in enger Ausrichtung, an Pariser Direktiven
aufrechterhalten konnte. Nach dem ethischen Rigorismus des durch David
geprägten Revolutionsstils wurden in der napoleonischen Ära
wieder erotische, laszive Szenen bevorzugt. Schon in der Thematik bedeutet
dies einen Rückschritt auf die höfische Bildkultur des 18.
Jahrhunderts, entsprechend der Durchsetzung großbürgerlicher
politischer Interessen in dieser Phase. (23)
Held beschreibt dann die spezifische Malweise, das vermeintlich rückschrittliche
Thema verdient offenbar keine weitere Beachtung. Aber ist der Schluß
erlaubt, das Thema sei durch convensionalismo gekennzeichnet,
nur weil diese Facette für Goya » no puede ser considerada
como iiiuv caracteristica? (24)
Hofmann hält es gar für den mißglückten Versuch,
die erotische Dreistigkeit einer Maja mit dem antiken Mythos
zu verbinden. Damals dürfte Goya erkannt haben. daß ihm die
Fähigkeit abging. den Mythos glaubwürdig darzustellen. Daraus
entstand wohl der Entschluß zur Bedeutungsinversion. (25)
Kein Zweifel, die Psyche schließt sich den beiden, um die gleiche
Zeit für den Minister Godoy gemalten Majas ( (besonders
der nackten) an. (26) Aber gerade deren
erotische Dreistigkeit, die sich dem unverschämten
Blick aus dem Bilde und der fehlenden allegorischen Schicklichkeit
(27) verdankt, ist hier so wenig dominant,
wie eine von Held ins Spiel gebrachte laszive Szenerie. Vorsichtiger
hat Glendinning von Anreizen der sensuellen Seite seiner Kunst.
Gesprochen. (28) Es ist sicher, daß
Goya hinfort keinen Gefallen an mythologischen Themen mehr fand, aber
wobei oder womit hat er hier eigentlich versagt? Sicher nicht in der
Wahl eines Themas. das sich im 18. Jahrhundert nicht annähernd
der Beliebtheit erfreute, wie nach 1800. Gerade die Wahl dieses Sujets,
der Begegnung von Liebe und Seele, macht das Gemälde zu einem außerordentlichen
Dokument.
Der antiquierte Stil der Darstellung mag nichts anderes als der im ganzen
18. Jahrhundert diskutierte passende Modus für dieses Thema sein
auch wenn, oder gerade weil Goya auf die Bewahrung dieser Kategorien
etwa eines Dandré Bardon (Traité de Peinture,
1765) sonst leicht zu verzichten vermochte. Das liebenswürdige
Genre schließlich erfordert weiche und leichte Konturen, angenehme.
einfache Formen, mit zugleich kernigen und zarten und biegsamen Übergängen.
Die Details breit und kostbar. In dieser Art müssen Venus, Psyche.
Amphitrite, Helena usw. dargestellt werden. (29)
Die Darstellung von Amor und Psyche mag im Vergleich zu Goyas
sonstigem uvre als retrospektve Abirrung erscheinen, ihre Eigenart
offenbart sich dagegen im Kontrast zu anderen Ansätzen, das Thema
zu bewältigen. Diese Frage richtet sich nicht nach dem Faktum mythologischer
Thematik. sondern der für Goya kennzeichnenden Interpretation derselben.
(30)
Anscheinend bildet nur André Malraux die Ausnahme im Chor der
Kritik. Seine mythologischen Figuren, schreibt er, »seine
'Psyche' scheinen jedoch einer anderen Welt zu entstammen. Wie die Augen
der Katzen entzündet sich seine Einbildungskraft nur in der Nacht.
(31)
Vielleicht entspricht die dichterische Unbestimmtheit dem Tatbestand
mehr als ausgeklügelte Entscheidungen kunsthistorischer Analyse.
Aus Hofmanns Beobachtung, daß ein ungenauer Symbolismus die Interpreten
nicht ruhen läßt, (32) folgt,
daß ein vermeintlich genauer Symbolismus uns gut schlafen läßt.
Doch muß man sich eigentlich nicht zwangsläufig dafür
interessieren, gerade weil mythologische Kompositionen die seltenen
Ausnahmen blieben? Zumindest ist bei einem Künstler, der in reichem
Maße Pathosformeln einsetzt, die als Relikte früherer
Epochen im sozialen Gedächtnis bewahrt blieben, zu überprüfen,
worauf er sich bei der Darstellung eines mythologischen Themas bezieht.
Verzichtet er nämlich dabei auf die tradierten Formeln, verkehrt
sich die Tautologie einer Pathosformel für ein mythologisches Thema
in ihr Gegenteil und entspräche damit in einer Bedeutungsinversion
dem Einsatz von Pathosformeln für ungewohnte Sujets.
Um festzustellen, ob Goyas Mvthen-Behandlung nicht die Kehrseite derselben
Medaille ist, muß man das Bild einmal nachvollziehen.
Die Rezeptionsbedingungen des Psyche-Themas, das vor dem Hintergrund
einer zu erarbeitenden Kunstgeschichte der Seele zu sehen
ist, verändern sich. Die Relativierung des wertneutralen Fortschrittsdenkens
der Moderne in unseren Tagen ist von einem oft missionarischen Eifer
getragen, eine sinnstiftende Korrektur vorzubereiten. Diese Wende-Philosophie
verschiebt die Basis des historischen Bewußtseins, das der Moderne
zugrunde liegt oder lag. Durch diesen drohenden Verlust des Geschichtsbildes,
diese Demolierung der Gegenwart (33)
läßt man sich hoffnungsfroh zurück ins 19. Jahrhundert
des Historismus gleiten. Die wertneutrale wissenschaftliche Objektivität
weicht einer neuen Geschichtsmächtigkeit. Es werden wieder Themen
aktuell, die man um die Jahrhundertwende über Bord geworfen hat.
Das wichtigste betrifft die Existenz des Menschen als historisches und
zugleich ahistorisches ewiges - Wesen, sein Selbstverständnis
angesichts der Apokalypse, die Seele.
Das bestimmende eschatologische Moment der abendländisch-christlichen
Kultur war die Errettung der Seele. Nicht in die Hölle, sondern
in den Himmel zu kommen, unsterbliche Seligkeit im Paradies zu erreichen,
war das zentrale Anliegen dieser Epoche, nichts anderes. Als Mitte der
okzidentalen Existenz ist sie in ihrer historischen Dimension der Exegese
und bildhaften Darstellung nie kunsthistorisch untersucht worden. Der
Grund dafür liegt nicht nur darin. daß die christliche Kunst
sie nur erstaunlich selten dargestellt hat, sondern daß sie mit
dem Beginn der Moderne (dem Beginn unseres Faches) als Gegenstand der
Psychologie buchstäblich instrumental auseinanderdividiert worden
ist, sie ist verschwunden. (34) (Zeitlich:
mit dem Entschwinden der Seele entsteht die Kunstgeschichte.) Das neu
erwachende Interesse an der Seele ist Symptom der Erinnerung an die
Prämoderne, wiewohl sich das historische Bewußtsein nicht
so schnell vergessen läßt.
Das Bild-Thema
Im Vergleich zur beliebten Apuleius-Szenem, in der Psyche das erste
Mal das vermeintliche, schlafende Ungeheuer im Schein der Öllampe
schaut, gibt Goya eine Bedeutungsinversion wieder. Ais
dem Bilddunkel leuchten als wichtigste Akzente ds Rot als Farbe Amors,
das Weiß Psyches und die goldenen Ockertöne des Bettgestells
heraus. (Abb. 1).Der Liebesgott landet eben mit seinem linken
Fuß auf dem Schemel, während sich sein rechter Unterschenkel
in die Bildtiefe verliert. Er beugt sich vor und streckt ihr seine Rechte
in zärtlichem Verkündigungsgestus (35)
entgegen. Das leuchtende Inkarnat überstrahlt das rötliche
Schimmern über seiner Stirn. Amor ist nicht nur mit Pfeilen, sondern
auch mit Flammen bewaffnet, was Goya nicht mit dem üblichen
Attribut der Fackel umsetzt. Das vorne gegürtete rote Tuch bauscht
sich am Rücken hinter dem Köcherrand mit den Pfeilen im Wind
seines Anfluges wie ein Flügelersatz auf.
Psyche stützt mit ihrem linken Ellenbogen auf dem Polster den Kopf,
während ihr zum Betrachter gewendeter Körper fast vom Lager
herabzugleiten droht. Ihr linkes, verschattetes Bein hängt schräg
herab. Das schleierhaft dünne Gewand modelliert über dem Gürtel
ihre Brüste und läßt die Haut durchschimmern. Mit den
gespreizten Fingern ihres abgewinkelten linken Armes hält sie nicht
etwa einen Schmetterling als ihr Attribut, sondern hebt einen Stoff,
der hinter dem Kopf in einem Lichtreflex aufblitzt. Die Draperien eines
zurückgeschlagenen Vorhanges von rechts oben bis zu den Randborten
am Boden sind kaum ausnehmbar. An der Bettecke akzentuiert eine Art
Karyatide oder Terme mit verbundenen Augen das Lager. Dem betont Momenthaften
der stattfindenden Begegnung des Paares entspricht kein Augenblick in
der Erzählung des Apuleius.
Die beliebteste Szene gibt die verbotenerweise in Amors Anblick versunkene
Psyche wieder, wobei ihre Öllampe in das Dunkel hineinleuchtet.
Der Liebesgott besucht zwar im Schutz der Nacht die schöne, der
Venus gleiche. Irdische, in seinen Palast gebrachte Prinzessin, aber
ihr ist dabei der Anblick des Ungeheuers nicht vergönnt.
Als sie der Versuchung auf Drängen ihrer beiden neidischen Schwestern
nicht widerstehen kann und ihn versehentlich mit einem heißen
Öltropfen aus ihrer Lampe verletzt. flüchtet er, womit ihr
Leidensweg beginnt.
Auch Goya macht das nie Gezeigte, Amors nächtlichen Besuch bei
Psyche, nicht sichtbar. Selbst wenn man spekulierte, Goya führe
dem Betrachter vor, was Psyche in dieser Nacht nicht zu sehen vermöchte,
wüßten wir mehr, als zu diesem Zeitpunkt der Erzählung
bekannt wäre. Siehe, es ist ihr unbekannter Gemahl. Er besteigt
das Brautbette, macht Psychen zu seiner Gattin und eilt noch vor Anbruch
des Tages wieder von ihr, heißt es im 5. Buch des Goldenen
Esels (36)
Psyche erwartet und erblickt ihn bei Goya. Daß er kein großer,
ungeheuerer Drache in verschlungenen Ringen einherkriechend, triefend
von Blut und tödlichem Gifte und gräßlich, mit weitem,
aufgerissenem. unergründlichem Rachen (37)
ist, wie ihr die Schwestern weiszumachen suchen, ist sichtbar. Psyche
empfängt Amor und kein Monster.
Seit ihrem Sündenfall allerdings wird sie für lange Zeit,
in der sie die ihr von Venus auferlegten Prüfungen bestehen muß,
keine Gelegenheit haben, der Liebe zu begegnen. Nach ihrem neuerlichen
Ungehorsam, der Öffnung der Büchse, in todähnlichen Schlaf
verfallen, erlöst sie Cupido: Sorgfältig nimmt er sogleich
den Schlaf von ihr hinweg und verschließt ihn wiederum in die
Büchse und erweckt dann Psychen mit der Spitze eines unschädlichen
Pfeils. (38)
Psyche weist mit ihrem Fuß auf das in der linken unteren Bildecke
verborgene Attribut der geöffneten Büchse. Amor muß
sie nicht wecken, obwohl der Todesschlaf noch nicht von ihr genommen
ist. So jäh Amor aus dem Dunkel in das Licht bricht. so wenig ist
Psyche überrascht. Sie ist bereit für ihn.
Die Begegnung findet jenseits des Handlungsablaufes dieses Erlösungs-Märchens
statt. Goya illustriert keine Geschichte, sondern formt einen eigenen
Inhalt. Darin ist er keine Ausnahme, alle Künstler suchen um 1800
diesem Thema neue Aspekte abzugewinnen. Nur kehrt er eine allgemeine
Tendenz der Psyche-Auffassung seiner Zeit um.
Amor und Psyche um 1800
Um
1800 bildet die verlassene oder einsame Psyche einen Schwerpunkt.
Seit Giorgione und Raffael sah die neuplatonische Interpretation das
apulejische Märchen als eschatologisches Gleichnis. (39)
Durch die göttliche Liebe, die Liebe zu Gott erlangt die irrende
menschliche Seele Unsterblichkeit. Die das ganze Mittelalter hindurch
vorherrschende Metaphorik eines Kampfes zwischen Gut und Böse mit
den Vorstellungen einer Seelenwägung und der entweder vom Teufel
oder von Engeln in Besitz genommenen Seele (40)
verschwindet mit dem neuen humanistischen Selbstverständnis, oder
sie tritt zugunsten einer antikisierenden, philosophischen Umschreibung
in den Hintergrund. Doch auch das Amor und Psyche-Thema
verliert seine Bedeutung zugunsten einer ebenfalls im Platonismus verwurzelten
Auseinandersetzung zwischen hinimlischer und irdischer Liebe. Erst um
1800, als sich die Liebe wieder der Seele zuwandte, sollte
es zurückkehren.
Augustin Pajous Verlassene Psyche (Abb. oben) blickt trauernd
dem in die Lüfte entschwundenen Gott nach, dessen Vertrauen sie
unmittelbar zuvor enttäuschte: die Öllampe und der Dolch am
Boden erläutern den Zusammenhang. Ihre Verlassenheit ist unverkennbar
ihre eigene Schuld, ihr Schicksal. Das Werk verdeutlicht eine Wende
der Psyche-Ikonographie.
Antonio Canovas oder Berthel Thorvaldsens Psychen sind nicht
verlassen, sondern allein. Sie ist in sich versunken (Canova: Psyche
hält das Symbol ihrer selbst, den Schmetterling, Abb. 3), oder
sie sinniert und wird zum zweiten Mal ihre Neugierde nicht bezähmen
können (Thorvaldsen: Psyche mit der Büchse. Abb. 4).
Beide Bildhauer haben Psyche auch glücklich vereint mit Amor gestaltet.
Bei Canovas stehendem Paar (Abb. rechts) wird die Trennung dadurch aufgehoben,
daß der Schmetterling als Symbol der unsterblichen Seele in Amors
Hand von ihr gehalten wird, und indem sie mit ihrer Linken die seine
festhält, das Gleichgewicht zwischen Empfangen und Geben gewahrt
bleibt. Berühmter und sicher spektakulärer ist Canovas Darstellung
des sich herablassenden, die Psyche wachküssenden Gottes (Abb.
links). Johann Heinrich Danneckers Bozzetto von ca. 1789 mit dem analogen
Thema eines die Psyche küssenden Amor hingegen ist nicht ausgeführt
worden (Abb. 6). Sein Amor (Abb. 8) blieb auch dann für
sich, als Dannecker zehn Jahre später die Psychenachholt
(Abb. 9), allerdings für einen anderen Auftraggeber. (41)
Diese
verlassene Frau verdankt ihr Unglück nicht einem eigenen,
von Apuleius vorgezeichneten Schicksal (wie diejenige Pajous), sondern
dem Künstler. Nicht einmal ein Attribut hat er ihr gegönnt,
sie ist ein beliebig austauschbarer Akt.
Die Künstler haben sich um 1800 von der Geschichte Amor und
Psyche im traditionellen Sinn zu befreien gesucht. Den verschiedensten
Facetten ist hier nicht nachzuspüren;sie reichen von der Karikatur
(nach J. Gillray, wobei die Personen derMarlborough Gemme
von 1778 mit der Hochzeit von Amor und Psyche um die dazwischen liegenden
zwei Jahrzehnte gealtert sind, 42), überdie
Literarisierung (Philipp Otto Runge, Die Lehrstunde der Nachtigall
Abb. rechts, 43), das Rührstück
(Angelica Kauffmann,
Abb. 12), das nun tatsächlich laszive - im Gegensatz etwa zur verschreckten
Unschuld als Psyche von F. Gérard (Abb. links) - postrevolutionäre
Sittenbild von J. L. David (Abb. links unten) bis zum idealtypischen
Porträt (C.J. Rauch: A. von Humboldt als Psyche, Abb. 15).
Der Wunsch nach Variation entspringt einer Aktualisierung; die individuellen
künstlerischen Lösungen und Auflösungen des Themas spiegeln
die neue Subjektivierung. Die Befreiung vom
mythologischen Vokabular führt folgerichtig zur Entdeckung der
nicht unbedingt
mit Liebe gesegneten Seele - wenn auch die Zeit an der Möglichkeit
dieser Verbindung interessiert blieb. Aber es ist symptomatisch,
daß Friedrich de la Motte Fouqués Undine (1811)
der Liebe eines Mannes (und nicht des Gottes selbst) bedarf, um überhaupt
als Wassergeist eine Seele zu gewinnen.
Die Polarität von Gott (Amor) und zur Unsterblichkeit
bestimmtem Menschen (Psyche) wird um eine Stufe tiefer analog dargelegt.
Der Mann (Ritter Huldbrand von Ringstetten) erwirkt dem Naturwesen durch
(und nicht als) Liebe die an sich den Menschen vorbehaltene Seele, die
Undine wieder verliert, wenn er sich von ihr abwendet. Während
aber Psyche ihren Gott nach der Absolvierung der Prüfungen im Olymp
heiratete, zieht Undine den untreuen Mann in letzter Umarmung zu sich
herab in die Fluten. (44) Im romantischen
Märchen ist die Natur stärker als der olympische Unsterblichkeits-Mythos.
Amor und Psyche sind bei den genannten Beispielen entweder
zeitlos idealtypisch in sich versunken oder geben einen bestimmten Augenblick
der Handlung wieder, oder sie folgen einer neuen literarischen Vorlage.
Die erste Möglichkeit hat ihren Schwerpunkt in der Plastik gefunden.
Als fruchtbarer Augenblick ergänzen neue Szenen
den traditionellen Sündenfall mit der Öllampe, den schon Raffael
darstellte, der aber vor allem im 17. Jahrhundert beliebt war (Beispiele:
s. Vouet, R.P. Rubens). P. P. Proudhon zeigt die von Zephyr aufgefangene
ohnmächtige Psyche (vor 1808, Abb. rechts), F. E. Picot Amor, der
noch im Schutz der Nacht vom Liebeslager aufbricht (1817, Abb. rechts
unten), F.-N. Delaistre bemerkenswerterweise den Sündenfall
als Plastik (1814),
Sergel den sich entrüstet abwendenden Amor (1801, Abb. links),
Angelica Kauffmann den die Psyche
aus dem Todesschlaf rettenden Amor (Abb. 12), oder P. Palagi die Hochzeiten
der beiden vor Zeus (1806-08). (45)
Literarische Neufassungen hatten Bildschöpfungen zur Folge, die
von Eros und Psyche im Kahn (Ph. F. Hetsch, 1797) (46)
bis zu Flaxmans Grabmal (1814-15) für Mary Tighe, die Verfasserin
eines Psyche-Gedichtes (47), mit einer kleinen Psyche am Kopf
der Porträtierten reichten. Aus dieser Vielfalt fällt Goyas
Bild heraus. Die Psyche des Apuleius ist ein törichtes Mädchen,
das zweimal kläglich versagt und dem nur verziehen wird, weil Amor
sie liebt und deshalb hilft. Unsterblichkeit erkämpft sie sich
nicht, sondern sie wird ihr aus göttlicher Gnade zuteil. Diese
Psyche meint Goya nicht.
Die Liebe des Künstlers
Die Liebe des Künstlers gilt der wahren Schönheit, die Braut
des Eros im platonischen sinn ist die Unsterblichkeit. Goyas Psyche
strebt nicht danach, des unbekannten Ungeheuers ansichtig zu werden,
um Amor endlich wieder zu begegnen. Goyas Kühnheit besteht, wie
so oft, in der Bedeutungsinversion. Nicht die Liebe zeigt sich der Seele,
sondern die Seele gewährt durch das Heben des Schleiers der Liebe
ihren Anblick.
Amor vincit omnia. Amor besiegt auch die Zeit, und die Zeit enthüllt
die Wahrheit: Veritas filia temporis. Psyche zeigt sich nur dem nahenden
Amor als wahre Psyche. Ohne die Entblößung kann von Liebe
nicht wirklich gesprochen werden.
Bei Apuleius wird die Hochzeit von Amor und Psyche zum olympischen Fest.
Goya führt die wahre Vereinigung als momentanes Ereignis ohne Trauzeugen
vor. Sogar die Terme wendet sich mit verbundenen Augen ab. Psyche faßt
den Schleier, wenn und weil Amor naht. Das Schleiermotiv ist weniger
durch den Sprachgebrauch (velatio nuptialis), sondern wie
andere Bildmomente aus Goyas Werk deutbar, überdies ein im 18.
Jahrhundert üblicher Gestus der pudicitia, der Schamhaftigkeit.
(48) Nur in dieser Stunde des nahenden
Gottes fällt jede Zurückhaltung von Psyche ab. Die nicht notwendigerweise
nach dem Schleier, sondern nach der Draperie greifende. ambivalente
Geste geht auf eine alte Tradition zurück. (49)
Die Liebe kommt und geht, sie ist unberechenbar. Goya zeigt den Gott
im Augenblick seiner Herabkunft. Die Psyche. die wahrhaftige Seele indes
erwartet den Moment der Enthüllung. Sie präsentiert nicht
ihre Schmetterlingsflügel, die sie seit Platons Phaidros
in die höheren Gefilde der Götter hebt. Für Goya symbolisieren
die Schmetterlingsflügel
nämlich die Flatterhaftigkeit der Geliebten. Im Capricho
61 Volaverunt (Weggeflogen, Abb. links) mit der Herzogin
von Alba in den Lüften und den Flügeln am Kopf zieht
Goya einen Schlußstrich unter eine Liebesbeziehung, die er in
einem anderen Blatt von Lüge und Wankelmut zerstört sieht.
(50) In diesem Traum von Lüge
und Wankelmut, der nicht in den Caprichos erschienen ist,
klammert sich Goya an seine Liebe, während die Doppelgesichtige
sich hinterrücks schon einem anderen zuwendet.
Die unglückliche Leidenschaft Goyas verstärkte seine Überzeugung,
nichts wäre durchschaubar. Ein Mann kann
dem Gesicht einer Frau noch so nahe kommen, Selbst so kann er sie
nicht erkennen (Titel des Capricho 7, Abb. rechts). Hofmann
kommentiert: Hinter der resignativen Einsicht, daß alles
Maske ist, steckt Goyas leidenschaftliche Suche nach Wahrheit.
(51)
Gerade die Enttäuschung läßt ihn an der Natur der Wahrheit
rätseln. Mag sich die Frau auch dem werbenden Mann verschließen,
die Zeit wird es enthüllen. Die Zeit errettet die Wahrheit, weil
sie trotz aller Maskerade früher oder später ans Licht kommt
- Goya vermag in der allegorischen Utmsetzung diese Hoffnung zu hegen.
Auch hier orientiert er sich übrigens an der Tradition. (52)
Doch verharrt er nicht dabei: wenn die Wahrheit die Tochter der Zeit
ist, so lautet seine schreckliche Logik, dann ist sie auch sterblich.
Mit der Radierung Die Wahrheit ist gestorben endete die
erste Veröffentlichung der Desastres. Die Varianten des
Themas sind zehn bis fünfzehn Jahre später als Amor und
Psyche entstanden. Die Frage, ob die von
den Männern zu Grabe getragene Wahrheit endgültig gestorben
ist oder wiederauferstehen wird (Abb. links, 53)
verdeutlicht die Spanne zwischen Verzweiflung und Hoffnung. lkonographisch
bemerkenswert ist, daß die Entblößung der nuda
veritas bei ihren Brüsten beginnt. Entschleiert Psyche auch
nur ihr Antlitz, so betont Goya doch die Transparenz ihres Kleides.
Nach Cesare Ripa sei der Seele hellglänzendes Kleid ... ein
Zeichen ihres reinen und vollkomrnenen Wesens (54)
- auch die Keuschheit trage ein weißes Kleid. (55)
Doch vergessen wir nicht, der Inhalt des Bildes ist Psyche und nicht
die veritas oder pudicitia. Amor erlöst
sie nicht vom Todesschlaf, weil sie ihn trotz geöffneter Büchsen-Urne
erwartet. Der Liebesgott wird damit für die entschleierte, gegürtete
(56) Seelenbraut zum Todesgott zugleich
garantiert er ihre Unsterblichkeit. Der Tod als Seelenbräutigam
war seit J. G. Herders Auseinandersetzung mit G. E. Lessings Schrift
Wie die Alten den Tod gebildet (1769) ein heiß diskutiertes
Thema. Ob die Herdersche Ideiititikation von Eros mit Thanatos in der
einen oder anderen Form Goya bekannt war (vgl. Anm. 8), ist nicht entscheidend,
sein Bildvokabular ist deutlich genug. Überdies beginnt die Geschichte
von Apuleius mit dem Orakel von Milet, in welchem sie als dem Tod geweihte
Braut angesprochen wird. Nach den Feierlichkeiten ihrer Todeshochzeit
folgt Psyche nicht ihrem Hochzeits-, sondern ihrem Leichenzug (...
Psyche comitatur non nuptias, sed exeqtiias suas.) (57)
Der unerwartete Gast in dieser Darstellung der dem Eros
zu verdankenden Unsterblichkeit ist die Karyatide (eigentlich neben)
dieser Totenlager-Architektur. Als Dekor ist sie nicht nur leblos, sondern
auch mit verbundenen Augen wiedergegeben, als Mischwesen kommen ihm
mehrere Bedeutungen zu. In Analogie zum niederen Eros. der mit verbundenen
Augen wahllos seine Pfeile verschießt und ungestraft ungeheuere
Schandtaten begeht, wie auch Apuleius schreibt, (58)
ist eine blinde, sich der wahren Liebe verschließende. aber auch
wandlungsunfähige - sie kann sich die Augenbinde nicht selbst abnehmen
- Frauen-Seele als niedere Realitätsform wiedergegeben. Sie repräsentiert
gewissermaßen jenes Leben, das angesichts des Todes nicht transzendierbar
ist.
Dadurch, daß sich im Gegensatz dazu die Unsterblichkeit der Seele
im Schauen des Eros ankündigt, beleuchtet das Gemälde den
Sinn künstlerischer Tätigkeit, Goyas Suche nach Wahrheit,
die sich ihm nicht in der Liebe zu einer Sterblichen erschlossen hat.
Nicht nur der Platoniker Apuleius, Platon selbst wird hier zur Quelle.
Nach Agathons Rede im Symposion ist Eros einerseits ein trefflicher
Künstler, andererseits. was nun weiter die Hervorbringung
alles Lebendigen betrifft, wer wollte wohl bestreiten, daß es
die Kunst des Eros sei, durch welche alles Lebende entsteht und gebildet
wird. (59)
Daß gerade der Tragödiendichter im Eros den Garanten der
Unsterblichkeit für den Künstler sah, ist ein passender Zufall.
Sokrates wird ihm hierin beipflichten: Notwendig also geht nach
dieser Rede die Liebe auch auf die Unsterblichkeit. (60)
Einige Jahre nach der Enttäuschung seiner großen Liebe findet
Goya in der Erinnerung an den Mythos einen das Gleichgewicht zeischen
männlichem Eros und weiblicher Psyche transzendierenden Sinn künstlerischen
Tuns. Die Befreiung Goyas und das identitätsstiftende Bekenntnis
seines künstlerischen Lebens wird durch seine persönliche
Darstellung eines alten Themas deutlicher als durch bereits
von der Tradition losgelöste Gehalte.
Anmerkungen:
1) Der 1932 gehaltene und erstmals 1950 gedruckte Vortrag
findet sich in: Theodor Hetzer, Aufsätze und Vorträge, Leipzig
1957, S.177-198
2) a.a.O, S.177
3) Werner Hofmann, Goya und die Kunst um 1800, in: Goya - Das Zeitalter
der Revolutionen, Katalog Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1980. S.21
4) ebd.
5) ebd.
6) a.a.O. (Anm. 3). S. 22. Vgl. Hans Holländer, Raum und Nichts,
im selben Katalog, S. 30. S. auch Werner Hofmann, Goyas negative Morphologie,
in: W. Hofmann - E. Helman- M. Warnke: Alle werden fallen,
Frankfurt a. M. 1981, S.64.
7) Karl Heinz Bohrer. Der romantische Brief. Die Entstehung ästhetischer
Subjektivität. München-Wien 1987. Es scheint, daß die
Entdeckung der Seele früher in der Literaturgeschichte als in der
Kunstgeschichte erfolgt.
8) Dem Magazin ging ein Jahrzehnt heftiger Seele-Diskussionen
voraus, die ihren Niederschlag in einem umfangreichen Schrifttum gefunden
haben. Der bedeutendste der beteiligten Autoren war J, G, Herder. seine
Drei Gespräche über die Seelenwanderung erschienen
1781.
9) Bohrer. a.a.O. (Anm. 7), S.61
10) Bohrer, a.a.O., S.8o
11) Bohrer, a.a.O., S.114
12) Bohrer. a.a.O., S.141
13) Bohrer, a.a.O., S.144
14) Bohrer, a.a.O., S.162
15) Bohrer, a.a.O., S.229
16) Bohrer, a.a.O., S.238
17) Bohrer, a.a.O., S. 265
18) Jutta Held, Francisco de Goya. Reinbek bei Hamburg 198o, S.143,
vgl. die Zusammenfassung, S.144 ff.
19) Julián Gállego, Goya oder der unerwartete Gast, in:
Goya in spanischen Privatsammlungen. Katalog der Sammlung Thyssen-Bornemisza,
Lugano-Mailand 1986, S.27-45, S. 33
2o) Gállego. a.a.O., S.38
21) Gállego, a.a.O., S.45
22) Das Bild war außerhalb Spaniens das erste Mal 1986 in der
Villa Favorita in Lugano zu sehen, Katalog (Anm. 19), S.142 f.
23) Held, a. a. O., S.87
24) Jose Gudiol, Goya 1746-1828, Biografia, Estudio analitico y catalogo
de sus pinturas, Barcelona 1970. S. 339. Ähnlich Rita de Angelis,
Lopera pittorica completa di Goya. Mailand 1974, S.116
25) Hofmann. Katalog (Anm. 3), S.217
26) De Angelis (Anm. 24) sieht im Gegensatz zu anderen Autoren mehr
Ähnlichkeit mit der Maja vestida. Ist durch den Vergleich
mit den beiden Majas der Schluß berechtigt, Psyche wäre eine
fémina nada espiritual, por cierto? So F. J. Sánchez
Cantón. La Colección Cambó, Barcelona 1955, S.88
27) Fred Licht, Goya - Beginn der modernen Malerei. Düsseldorf
1985, S.87
28) Nigel Glendinning, Wandel der Geschmacksmodelle, in: Katalog der
Sammlung Thyssen-Bornemisza (Anm.19), S.46-68, S.61
29) Zit. nach: Jan Bialostocki, Stil und lkonographie. Dresden 1966.
S.24
30) Schon Theodor Hetzer hat in seinem wegweisenden Vortrag festgestellt,
daß »die alten Inhalte« wie »die Mythologie.
.. nur noch eine sehr geringe Rolle [spielen], oder aber sie werden,
wo sie erscheinen, in einer absonderlichen Weise umgedeutet, a.
a. 0. (Anm. 1), S.179
31) André Malrau,. Goya. Köln 1957, S.136
32) a. a. O. (Anm. 3). S.203
33) Thomas Zaunschirm, Die demolierte Gegenwart. Klagenfurt 1987.
34) Otto Weiningers aufsehenerregender Bestseller Geschlecht und
Charakter (1903) hieß als Dissertation Eros und Psyche.
Hier kommt es zu einem Geschlechter-Tausch, nur der Mann besitze Seele,
die Frau sei reine Lust.
35) Xavière Desparmet-Filz-Geralds Eindruck, Le dieu se
penche vers elle comme potir la saisir (Luvre peint
de Goya, Paris 1928-1950, S.117) ist wegen der räumlichen Verhältnisse
nicht aufrecht zu halten. Goya transponiert eher die Haltung des Verkündigungsengels,
was zu einer geschichtsträchtigen Bedeutungsinversion ins Zwischenreich
von Engeln und Eroten führt.
36) Apuleius. Der Goldene Esel, Übertr. von August Rode. Zürich
196o, S. 186
37) Apuleius. a.a.O., S.205
38) Apuleius. a.a.O., S.256
39) Zur Vorgeschichte: Luisa Vertova, Cupid and Psyche in Renaissance
Painting before Raphael, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes,
Vol. 42, 1979, S.104-121
40) Leopold Kretzenbacher, Die Seelenwaage, Klagenfurt 1958; Donat de
Chapeaurouge. Die Rettung der Seele, in: Wallraf-Richartz-Jahrguch,
Bd. 35, 1973, S.104-121
41) Cliristian von Holst, J.H. Dannecker - Der Bildhauer. Katalog der
Staatsgalerie Stuttgart. Stuttgart 1987, S.362
42) John Flaxmann - Mythologie und Industrie, Katalog der Hamburger
Kunsthalle. München 1979, S.24
43) Das Bildthema der Nachtigall-Psyche geht auf Oden von F.G. Klopstock-
(Die Lehrstunde, Die Verwandlung) zurück.
Jörg Traeger, Philipp Otto Runge und sein Werk, München 1975.
S.79 f. Die von Apuleius unabhängige Bilderfindung weist erstmals
Psyche eine dominante Rolle zu, sie wird mit der Mutter Amors identisch.
44) Die Geschichte geht nicht nur auf Vorstellungen von Paracelsus zurück,
sondern wurzelt in einer etymologischen Symbolik. Seele
leitet sich vom Urgermanisehen saiwalo ( (= die aus dem
See stammende) ab.
45) Untersuchungen zum Thema sind selten, z. B. Klaus Lankheit, Das
Sposalizio d'Amore e Psiche von Palagi. Ein wiedergefundenes
Hauptwerk des italienischen Neoklassizismus. in: Pantheon. 37, 1979,
S-391-399
46) Die auf Dichtungen zurückgehenden Darstellungen tendierten
zu immer komplexeren Allegorien, die über die Illustration
des Apuleius-Märchens weit hinausführten. Bei Hetsch verschmelzen
Eros, Charon und Hermes ineinander. Karl-Friedrich Hahn. Eine Allegorie
von Philipp Friedrich Hetsch, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen
in Baden-Württemberg, 19. Bd.,1982, S.77-95.
47) Das Gedicht Psyche or the legend of Love ist 1795 erschienen.
48) Benjamin Hederichs ... gründliches mythologisches Lexicon ...
J.J. Schwaben (Hrsg.), Leipzig 1770, 2121: ... welche mit der
rechten Hand den Schleyer entweder vor das Gesicht zu ziehen oder auch
davon weg zu nehmen scheint.
49 ) Zwei Beispiele: Paolo Fiammingo, Das Goldene Zeitalter (S.118),
und Hans von Aachen, Tarquinius und Lucretia (S.262), beide in: Werner
Hofmann, Zauber der Medusa - Europäische Manierismen, Wien 1987.
50) Hofmann. a.a.O. (Anm. 3), S.65
51) Hofmann, a.a.O. (Anm. 3), S.98
52) Pierre Gassier-Juliet Wilson, Francisco Goya, Leben und Werk, Berlin
1971, Kat. 695, 696.
53) Katalog der Hamburger Kunsthalle (Anm. 3), Nr. 104-108.
54) Cesare Ripa, Iconologia. Frankfurt 1669, S.65
55) Ripa, a.a.O. (Anm. 54). S.152
66) Der Gürtel bildet Psyches einzigen Schmuck. Möglicherweise
hat Goya damit sowohl die Symbolik des Braut-Gürtels als auch des
Gürtels als Totenspende andeuten wollen. Wolfgang Speyer. Gürtel,
in: Reallexikon für Antike und Christentum. Bd. XII, 1983, S.1232-1265.
bes. 1239, 1247
57) Apuleius. Das Märchen von Amor und Psyche (Hrsg. K. Steinmann).
Stuttgart 1983; 34 (1).
58) Apuleius, a. a. O. (Anm. 57). 30 (4).
59) Platon. Symposion, Übersetzung von F. Schleiermacher. In: Sämtliche
Werke. Bd. 2, Hamburg 1957, 197a.
60) Symposion (Anm. 59), 207a. In der neuplatonischen Interpretation
verlagert sich der Schwerpunkt von Unsterblichkeit auf Schönheit.
In Ficinos De amore heißt es: »Die Liebe hat
zu ihrem Ziel den Genuß der Schönheit. Zit. nach: Paul
Oskar Kristeller, Die Philosophie des Marsilio Ficino. Frankfurt a.
M. 1972, S.246
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